Ein Brief an unsere Solidarität

Lesedauer: 3 Minuten

In Zeiten von Covid-19 sind wir stolz auf unsere Solidarität. Die ganze Welt steht still, damit wir die Generation schützen, vor deren Lebenserfahrung wir am meisten Respekt haben sollten.
Dies ist ein schönes Zeichen, denn in mir weckt es die Hoffnung, dass unser solidarisches System tatsächlich die Fähigkeit besitzt, wahrhaftig solidarisch zu sein, und nicht nur dessen Schein zu preisen, in dem wir seine „solidarischen“ Einrichtungen wie zum Beispiel Hartz 4 loben.

Ich möchte nun einige Fragen zu Solidarität stellen:

  1. Ist es solidarisch, dass sich jeden Tag die „schwachen/armen“ 90 Prozent der Menschen kaputt arbeiten und dadurch jeden Tag die „starken/reichen“ 10 Prozent noch stärker werden?
  2. Ist es solidarisch, dass in unserer Krankenkasse zwar der Starke für den Schwachen zahlt, die Stärksten jedoch die Möglichkeit haben, sich dem zu entziehen und sich in eigenen Strukturen abzusichern?
  3. Ist es solidarisch, dass im Gesundheitswesen die Menschen ausgebeutet werden, die helfen wollen? Und dass nun Pflegekräfte aus dem Ausland geholt werden, die noch schlechter bezahlt werden?
  4. Ist es solidarisch, dass das obere Management, Investoren und Aktionäre auf Kosten der Therapie kranker Menschen („schwacher“) reicher werden? 
  5. Ist es solidarisch, dass wir unseren Kindern (die „schwächsten“) sagen, „da muss jeder durch“ und sie jahrelang in das gleiche System schicken, das wir so gehasst haben? In dem mit Methoden gearbeitet wird, die erwiesenermaßen nicht funktionieren?
  6. Ist es solidarisch, dass wir versuchen „Kinder mit Förderbedarf“ zu integrieren, statt anzuerkennen, dass nicht sie sich dem System, sondern dass das System sich ihnen anpassen muss?
  7. Ist es solidarisch, dass die günstigsten Lebensmittel voll mit Zucker, Salz, Fett und Stoffen sind, deren Namen wir nicht kennen? Wir wissen nicht einmal mehr, wer in welchem Land unter welchen Bedingungen für unsere Tüte Chips arbeiten musste.
  8. Ist es solidarisch, dass lokale Landwirtschaft kaum noch rentabel ist? 
  9. Ist es solidarisch, dass der Gewinn eines Unternehmens zum Großteil nicht bei den Menschen ankommt, die wirklich die Arbeit geleistet haben?
  10. Leben wir wirklich solidarisch? Oder leben wir so lange den Traum der Solidarität, bis wir den Erfolg in greifbarer Nähe haben? Wer träumt nicht davon, sich alles leisten zu können? Wer träumt nicht von Bewunderung und Anerkennung? Wer träumt nicht davon endlich zu den oberen 10 Prozent zu gehören?

Vielleicht ändert sich die Welt, und vielleicht kann jeder von uns seinen Beitrag leisten. Der Traum des persönlichen, unbegrenzten Wachstums ist ausgeträumt. Der Traum des großen Unternehmers ist kaum mehr möglich. Sein Leben schönzureden, indem man nach unten und nicht nach oben schaut, hat nichts mit Solidarität zu tun.

Die nordamerikanischen Ureinwohner haben dieses Verhalten bereits in direkter unverschleierter Form zu spüren bekommen. Sie nannten es „Wetiko“. Das bedeutete ursprünglich Kannibalismus, ist aber auch als die Krankheit des weißen Mannes zu verstehen – der Trieb der eigenen Bereicherung auf Kosten anderer.

Lasst uns lieber neue Träume träumen und verfolgen. Lasst uns davon träumen, dass mit der Gesundheit des Menschen kein Profit generiert wird. Lasst uns träumen, dass das Kapital zur Bezahlung der Gehälter, zugunsten des Patienten und für die Modernisierung des Gesundheitswesen eingesetzt wird. Lasst uns davon träumen, dass gesunde Lebensmittel für alle zugänglich werden und lokale Landwirtschaft wieder Existenzen sichern kann. 

Lasst uns davon träumen, dass Globalisierung nicht bedeutet: „Zum Glück bin ich in Deutschland geboren“, sondern: „Jeder Mensch dieser Erde hat ein Recht, den Beruf auszuüben, der ihm Freude bereitet, und ihn so auszuüben wie es ihm Freude bereitet. Mit einem Gehalt, das ihn seine Freizeit so gestalten lässt, dass sie ihm Freude bereitet.“ 

Und sollten wir zu dem Schluss kommen, dass dies in unserem heutigen Solidarstaat nicht möglich ist, sollten wir uns vielleicht die Frage stellen: Was können wir tun, um genau dies möglich zu machen?

Eine Welt für uns alle! Wir haben nur dieses eine Leben. Lasst es uns nutzen.

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